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Lotta zieht um

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Astrid Lindgren

Lotta zieht um

Alle sind mies zu Lotta

Als Lotta aus der Krachmacherstraße gerade fünf Jahre alt geworden war, wachte sie eines Morgens auf und hatte schon von Anfang an schlechte Laune. Sie hatte etwas geträumt, was sie ärgerte, und sie glaubte, was man träume, wäre wahr – die kleine, dumme Lotta.

Darum war sie jetzt böse auf alles.

„Die haben meinen Teddy gehauen!“, schrie Lotta, als Mama hereinkam, um nachzusehen, weshalb Lotta morgens um acht im Bett saß und laut heulte.

„Wer hat deinen Teddy gehauen?“, fragte Mama.

„Jonas und Mia-Maria!“, schrie Lotta.

„Liebe Lotta, das hast du nur geträumt“, sagte Mama. „Jonas und Mia-Maria sind in die Schule gegangen. Sie haben gar keine Zeit gehabt, deinen Teddy zu verhauen.“

„Sie haben es aber doch getan, auch wenn sie keine Zeit hatten“, schrie Lotta und streichelte den armen Teddy.

Lottas Teddy war ein dickes Schweinchen, das Mama aus hellrosa Stoff genäht und Lotta geschenkt hatte, als sie drei Jahre alt geworden war. Damals war der Teddy sauber und rosa und fein gewesen, jetzt war er schmutzig und sah wirklich aus wie ein richtiges Schweinchen. Lotta aber meinte, er wäre ein Bär, und darum mußte er Teddy heißen, obwohl Jonas immer sagte:

„Hahaha, es ist kein Bär, es ist ein Schwein!“

„Du Dummer“, sagte Lotta dann, „es ist doch ein Bär!“

„Denkst du“, sagte Jonas. „Aber was glaubst du, ist es ein Eisbär oder ein gewöhnlicher Bär?“

„Es ist ein Schweinsbär“, sagte Lotta, „stell dir das mal vor!“

Und ihren Schweinsbären hatte Lotta gern. Er durfte nachts in ihrem Bett schlafen, und sie erzählte sich viel mit ihm, wenn Jonas und Mia-Maria es nicht hörten.“

„Aber jetzt lag der Teddy dort auf dem Kissen und war traurig, weil Jonas und Mia-Maria ihn gehauen hatten, wie Lotta meinte. Sie weinte und streichelte den Teddy und sagte: „Armer Teddy, ich verprügle Jonas und Mia-Maria. Das tu ich!“

Jonas und Mia-Maria und Lotta und Mama und Papa wohnten in einem gelben Haus in der Krachmacherstraße. Jonas und Mia-Maria gingen jeden Morgen in die Schule und Papa ging ins Büro, Mama und Lotta blieben als Einzige zu Hause.

„Es ist ein wahres Glück, daß ich meine kleine Lotta habe“, sagte Mama immer. „Sonst wäre ich den ganzen Tag hier allein.“

„Ja, es ist ein wahres Glück, daß du mich hast“, sagte Lotta dann. „Sonst könntest du einem wirklich leid tun.“

Aber das sagte sie nicht jetzt, nicht an diesem Morgen, als sie böse war. Da sagte sie nichts, sondern saß nur da und maulte und machte ein beleidigtes Gesicht.

Als sie sich dann anziehen sollte, brachte Mama den weißen Pullover, den Oma für Lotta gestrickt hatte.“

„Den nicht“, sagte Lotta. „Der kratzt und pikst.“

„Der kratzt und pikst bestimmt nicht“, sagte Mama. „Fühl mal, wie weich und mollig er ist.“

„Nein, der kratzt und pikst“, sagte Lotta, ohne zu fühlen. „Ich will mein Sandkleid anziehen.“

Sie hatte ein hellblaues Samtkleid, das ihr bestes Kleid war. „Sandkleid“ nannte Lotta es. Und jetzt wollte sie das anziehen und dabei war heute Donnerstag, ein ganz gewöhnlicher Donnerstag.

„Sonntag darfst du das Samtkleid anziehen“, sagte Mama. „Heute wird dieser Pullover angezogen.“

„Dann laufe ich lieber nackt herum“, sagte Lotta.

„Dann tu das“, sagte Mama und ging in die Küche hinunter.

Lotta blieb oben im Kinderzimmer sitzen, böse und nackt, ja, natürlich nicht ganz nackt. Sie hatte ein Hemdchen an und Höschen und Strümpfe.

„Aber sonst ganz und gar nackt“, sagte Lotta zu ihrem Teddy – er war ja der Einzige, mit dem sie reden konnte.

„Lotta, du kommst wohl gleich herunter und trinkst deinen Kakao“, rief Mama unten an der Treppe.

„Denkst du“, murmelte Lotta auf ihrer Bettkante.

„Antworte doch, Lotta!“, rief Mama. „Willst du Kakao trinken oder nicht?“

Jetzt war Lotta ganz zufrieden. Mama mochte ruhig fragen und fragen, ob Lotta Kakao trinken wollte. Lotta dachte nicht daran zu antworten, und sie fand es schön, daß sie nicht antwortete, wenn Mama rief. Aber sie hatte Hunger und hätte nur zu gern Kakao getrunken, und nachdem sie noch eine Weile gewartet hatte, nahm sie ihren Teddy und ging die Treppe hinunter. Sehr langsam ging sie und sie blieb auf jeder Stufe einen Augenblick stehen. Mama sollte nicht zu sicher sein – vielleicht trank sie Kakao und vielleicht auch nicht.

„Ich werde mal sehen, was ich tue“, sagte Lotta zum Teddy.

Und dann ging sie in die Küche.

„Sieh mal an, da ist ja Lotta!“, sagte Mama.

Lotta blieb an der Tür stehen und maulte immer weiter, damit Mama nicht dachte, sie sei etwa nicht mehr böse.

Mama und Lotta aßen morgens zusammen in der Küche Frühstück. Es war dort immer so gemütlich – und jetzt auch wieder. Die Sonne schien durchs Fenster, und auf dem Tisch stand Lottas eigene blaue Tasse, bis an den Rand voll Kakao, und daneben lag ein Käsebrot.

Sonst plapperte Lotta in einem fort, aber heute sagte sie nichts. Und Mama saß am Tisch, trank Kaffee und las die Zeitung und sagte ebenfalls kein Wort.

Schließlich sagte Lotta:

„Ich kann ja ein bißchen Kakao trinken, wenn es durchaus sein muss.“

„Nein, es muß nicht durchaus sein“, sagte Mama. „Und vor allem zieh dich erst an!“

Nun war Lotta ja schon ziemlich böse gewesen, aber jetzt wurde sie richtig wütend. Oh, wie war Mama dumm! Kein Kleid bekam man anzuziehen, bloß einen ekligen Pullover, der kratzte und pikste, und nun bekam man auch nichts zu essen! Oh, wie war Mama dumm!

„Du Dumme“, schrie Lotta und stampfte mit dem Fuß auf.

„So, Lotta“, sagte Mama, „nun ist es aber genug. Geh hinauf ins Kinderzimmer, und bleib da, bis du wieder artig bist.“

Da begann Lotta zu brüllen, daß man es sogar bei Tante Berg im Nachbarhaus hören konnte. Und sie rannte durch die Küchentür hinaus und die Treppe hinauf ins Kinderzimmer und brüllte ununterbrochen, so daß Tante Berg drüben den Kopf schüttelte und sagte: „Nun hat Lottachen aber sicher Bauchweh!“

Aber Lotta hatte überhaupt kein Bauchweh, sie war nur wütend. Und als sie am wütendsten war, fiel ihr Blick auf den weißen Pullover. Der lag auf einem Stuhl und sah aus, als kratzte er schlimmer als je zuvor. Lotta stieß ein Geheul aus und schmiß den Pullover auf den Fußboden. Aber dann verstummte sie. Auf dem Fußboden gleich neben dem Pullover lag eine Schere, die Lotta immer gebrauchte, wenn sie Anziehpuppen ausschnitt.

Ganz leise hob Lotta die Schere auf und schnitt ein großes Loch in den Pullover.

„Das geschieht dir ganz recht“, sagte Lotta, „denn du kratzt und pikst.“

Lotta steckte die Hand durch das Loch. Oh, das war aber groß! Und es sah unheimlich aus, wie da eine ganze Hand herausguckte, wo keine Hand herausgucken durfte. Lotta bekam Angst.

„Ich sage, ein Hund hat ihn kaputt gebissen“, sagte sie zum Teddy.

Sie hielt den Pullover hoch und betrachtete ihn lange. Dann nahm sie die Schere und schnitt einen Ärmel ab.

„Ich sage, er hat ihn ganz schrecklich kaputt gebissen“, sagte Lotta.

Wieder hielt sie den Pullover hoch und betrachtete ihn lange. Dann nahm sie die Schere und schnitt auch den zweiten Ärmel ab.

„So ’n Hund ist mir aber noch nie vorgekommen“, sagte Lotta.

Doch dann bekam sie ernstlich Angst. Sie knüllte den Pullover zu einem Ball zusammen und stopfte ihn in den Papierkorb. Jetzt wollte sie ihn nicht mehr sehen.

Im selben Augenblick rief Mama unten von der Treppe: „Lotta, bist du wieder artig?“

Da weinte Lotta leise vor sich hin und sagte: „Nein, kein bißchen.“

Sie nahm den Teddy in den Arm und drückte ihn an sich.

„Es geschieht ihnen aber auch ganz recht“, sagte Lotta, „wo sie alle so mies zu mir sind.“

Das war nicht wahr, und das wußte Lotta. Schneidet man aber einen Pullover kaputt, dann braucht man jemanden, auf den man die Schuld schieben kann.

„Doch, doch, alle sind mies zu mir“, sagte Lotta zum Teddy. „Bloß deshalb schneide ich ja Sachen kaputt.“

Sie sah zu dem Papierkorb, in dem der Pullover lag.

„Und außerdem hat es ein Hund getan“, sagte sie.

Lotta zieht aus

Nun war es aber Zeit, daß Mama einkaufen gehen wollte. Darum kam sie ins Kinderzimmer und sagte: „Mach schnell und sei wieder artig, Lotta, und zieh den Pullover an. Dann darfst du mitkommen zum Einkaufen.“

Einkaufen, das war das Schönste, was es für Lotta gab. Aber der Pullover, den sie anziehen sollte, lag ja im Papierkorb und war zerschnitten. Kein Wunder, daß Lotta wieder ein Geschrei anstimmte, das bis zu Tante Berg zu hören war.

„Was in aller Welt ist mit dir los, Lotta?“, fragte Mama.

„Hast du die Absicht, den ganzen Tag solchen Krach zu machen? Ja, dann muß ich wohl allein einholen gehen.“

Und dann ging Mama.

Lotta saß auf dem Fußboden und schrie, so lange sie konnte. Dann wurde sie still und begann zu überlegen.

Es würde so kommen, sagte sich Lotta, daß sie ihr ganzes Leben lang im Kinderzimmer sitzen mußte, bloß wegen dieses Pullovers. Alle anderen gingen einkaufen und in die Schule und ins Büro oder hatten etwas anderes Schönes vor, aber Lotta musste ganz allein ohne Kleid mit dem Teddy im Kinderzimmer auf dem Fußboden sitzen.

„Da ist es schon besser, wir gehen weg“, sagte Lotta zum Teddy.

Oh gewiß, man konnte ja gehen. Maja, die Hausgehilfin von Frau Larsson, war auch gegangen. Es hätte ihr bei Larssons nicht gefallen, sagte Mama.

„Und mir gefällt es bei Nymans nicht“, sagte Lotta zum Teddy.

Nymans, das waren Mama und Papa, Jonas und Mia-Maria – und dann natürlich Lotta selbst.

„Die sind so mies zu mir, die Nymans“, sagte Lotta. „Es geschieht ihnen ganz recht, wenn wir weggehen.“

Lotta beschloß, sofort auszuziehen.

„Wir müssen schnell machen, sonst kommt Mama wieder nach Hause“, sagte sie zum Teddy, „und dann geht es nicht mehr.“

Aber sie wollte nicht weggehen, ohne daß es bemerkt wurde. Mama sollte es wissen, und sie sollteweinen, weil Lotta nicht mehr da war. Darum nahm sie jetzt Papier und Bleistift und schrieb einen Zettel an Mama.

Jonas hatte ihr das Lesen und Schreiben der Druckbuchstaben beigebracht. Es war ziemlich schwer, aber es ging, und auf dem Zettel stand folgendes:
   ICH BIN WEKESOGEN
   KUKT IM PAPIRKORP

Das sollte heißen:
   Ich bin weggezogen, guckt in den Papierkorb.

„Dann weiß Mama gleich, weshalb ich weggezogen bin“, sagte Lotta.

Und dann nahm sie ihren Teddy und zog aus. Wie sie ging und stand, nur mit Hemdchen und Höschen und Schuhen und Strümpfen bekleidet. Vorher ging sie noch schnell in die Küche und trank den Kakao. Das Käsebrot nahm sie mit und aß es auf dem Flur auf.“

„Wohin soll Lotta ziehen?

Man kann wohl ausziehen; aber man muß wissen, wohin man ziehen will. Das wußte Lotta aber nicht.

„Ich kann Tante Berg fragen, ob ich bei ihr wohnen darf“, sagte Lotta.

Und dann warf sie den Teddy über den Zaun, der die Gärten von Nymans und Tante Berg trennte, und kletterte selbst hinterdrein.

Skotty, Tante Bergs Hund, bellte, als er das sah, aber das störte Lotta nicht. Sie ging zu Tante Berg ins Haus.

„Guten Tag“, sagte Lotta, „darf ich hier wohnen?.“

„Guten Tag, Lotta“, antwortete Tante Berg. „Ich dachte, du wohnst zu Hause bei deiner Mama und deinem Papa!.“

„Ja, aber ich will wegziehen“, sagte Lotta. „Mir gefällt es bei Nymans nicht.“

„Aha, ja, dann verstehe ich, daß du wegziehen möchtest“, sagte Tante Berg. „Solltest du aber nicht etwas mehr anziehen?“

„Bei Nymans bekomme ich nichts zu essen und nichts anzuziehen“, sagte Lotta.

Nun war es so, daß Tante Berg Pullover, Jacken, Mützen und Fausthandschuhe strickte und sie an Leute verkaufte, die selber nicht stricken konnten. Und rasch ging sie an ihre Kommode und holte einen weißen Pullover heraus, den sie Lotta über den Kopf zog. Er war etwas zu groß für Lotta, er war fast so lang wie ein Kleidchen.

„Wie fühlt er sich an?“, fragte Tante Berg.

„Gut“, antwortete Lotta. „Der kratzt nicht und pikst nicht.“

„Das ist aber schön“, sagte Tante Berg.

„Ja, das ist wirklich schön“, sagte Lotta.

Dann sah sie sich im Zimmer um.

„Wo kann mein Bett stehen?“, fragte sie.

„Das ist schon schwieriger“, sagte Tante Berg.

„Weißt du, Lotta, ich glaube kaum, daß du bei mir wohnen kannst. Hier ist kein Platz für noch mehr Betten.“

„Du liebe Zeit“, sagte Lotta, „irgendwo muß ich doch wohnen!“

Tante Berg überlegte einen Augenblick, dann sagtesie: „Ich finde, du müßtest ganz für dich allein wohnen, Lotta.“

„Ich hab doch aber kein Haus“, sagte Lotta.

„Du kannst meine Rumpelkammer mieten“, sagte Tante Berg.

Hinten in Tante Bergs Garten stand ein alter Schuppen. Darin bewahrte Tante Berg ihren Rasenmäher auf und ihre Harke, ihren Spaten, ein paar Sack Kartoffeln, ein paar Sack Holz und dergleichen mehr. Über dem Schuppen war ein Boden. Dort hatte Tante Berg alte Möbel und anderen Kram stehen.

„Nur altes Gerümpel“, sagte Tante Berg.“

Daher nannte sie den Boden auch Rumpelkammer. Jonas, Mia-Maria und Lotta versuchten manchmal, sich in Tante Bergs Rumpelkammer hinaufzuschleichen, nur um sich die Sachen anzusehen, die dort standen. Aber Tante Berg entdeckte sie immer und rief durch das Fenster:„Nein, halt, dort dürft ihr nicht hingehen!“

Und nun saß Tante Berg hier und sagte, Lotta dürfe ihre Rumpelkammer mieten! Kein Wunder, daß Lotta sich da freute.

„Das ist das Beste, was ich seit Langem gehört habe“, sagte sie. „Kann ich jetzt gleich einziehen?.“

„Wir müssen wohl erst einmal schauen, wie es dort aussieht“, sagte Tante Berg.

Lotta mietet eine Wohnung

Und dann gingen Lotta und Tante Berg zusammen in die Rumpelkammer. Tante Berg schüttelte den Kopf über all den Kram.

„Du kannst doch wohl nicht in diesem ganzen Durcheinand

er wohnen, Lotta?.“

„Aber natürlich kann ich das“, sagte Lotta. „Hier ist es fein. Und fühl doch mal, wie warm und schön es ist.“

„Fast ein bißchen zu warm und schön“, sagte Tante Berg und machte das kleine Fenster auf, damit frische Luft hereinkam.

Lotta lief sogleich hin und guckte hinaus.

„Sieh nur, von hier aus kann man Nymans Haus sehen“, sagte Lotta.

„Ja“, sagte Tante Berg, „die haben ein wunderschönes Haus, die Nymans, und einen wunderschönen Garten.“

Lotta streckte die Zunge nach dem gelben Haus aus, in dem die Nymans wohnten.

„Aber ich werde nie mehr dort wohnen, haha, nie mehr, denn ich wohne jetzt mein ganzes Leben lang hier.“

Vor dem Fenster hing eine rot karierte Gardine.

„Sieh mal, Gardinen hab ich schon“, sagte Lotta zufrieden und strich über die Gardine. „Nun muß ich nur noch möblieren.“

„Willst du alles allein machen oder soll ich dir helfen?“, fragte Tante Berg.

„Du darfst ein bißchen helfen“, sagte Lotta, „aber ich will bestimmen.“

„Dann fang an und bestimme“, sagte Tante Berg. „Welche Möbel möchtest du haben?“

Lotta sah Tante Berg an und zwinkerte ihr zu. Dies war lustiger, als sie je gedacht hätte, und es war wirklich dumm, daß sie nicht schon längst von zu Hause weggezogen war.

„Die Kommode da, die möchte ich haben“, sagte Lotta und zeigte auf eine kleine weiße Kommode.

„Ja, bitte sehr“, sagte Tante Berg.

„Und den roten Tisch“, sagte Lotta.

„Bitte sehr“, sagte Tante Berg.

„Und ein paar Stühle“, sagte Lotta. „Gibt’s hier Stühle?“

„Ja, sie sind allerdings ein bißchen kaputt“, antwortete Tante Berg.

„Das macht nichts“, sagte Lotta. „Was gibt’s sonst noch?“

„Ein Bett mußt du wohl haben?“

„Ist hier denn eins?“, fragte Lotta.

„Und ob“, sagte Tante Berg. „Hier hinter den Umzugskisten steht ein Kinderbett und wahrhaftig auch ein Puppenbett. Meine Tochter hat darin geschlafen, als sie klein war.“

„Im Puppenbett?“, fragte Lotta.

„Nein, im Kinderbett natürlich“, sagte Tante Berg.

„Dann kann ich jetzt darin schlafen“, sagte Lotta, „und der Teddy kann im Puppenbett schlafen. Dann brauchen wir uns in meinem Bett nicht so zu drängeln. Ist Bettzeug da?.“

„Ja, eine Matratze und einige Kissen und vielleicht eine Decke“, antwortete Tante Berg, „aber keine Bettwäsche.“

„Bettwäsche, auf die pfeif ich“, sagte Lotta. „Komm, wir wollen jetzt möblieren.“

Und Tante Berg schleppte ganz brav die Möbel herbei und half Lotta, ein kleines Zimmer herzurichten.

Den Tisch und die Stühle stellte sie ans Fenster und die Kommode an die eine Wand. Das Bett konnte an der anderen Wand stehen und daneben das Puppenbett.

„Es ist genau wie eine Stube“, sagte Lotta.

Tante Berg suchte auch einen alten Flickenteppich heraus. Den legte sie auf den Fußboden, und nun sah es noch mehr wie eine Stube aus. Einen runden Spiegel voller Fliegenschmutz hängte sie über die Kommode, und über Lottas Bett hängte sie ein Bild von Rotkäppchen und dem Wolf. Das fand Lotta wunderschön.

„Bilder muß man haben“, sagte Lotta, „sonst ist es keine richtige Haushaltung.“

Lotta sagte immer, wenn sie groß wäre, wollte sie Hühneraugen haben wie Tante Berg und „eine Haushaltung“ wie Mama. Und nun blickte sie sich in ihrer kleinen Stube um und zwinkerte Tante Berg zu.

„Die Haushaltung habe ich schon“, sagte sie.

„Ja, und mit den Hühneraugen hat es wohl nicht solche Eile“, meinte Tante Berg.

„Nein, nein“, sagte Lotta.

Dann nieste sie dreimal hintereinander.

„Hier ist viel Staub“, sagte Tante Berg. „Darum hast du geniest.“

„Das macht nichts“, sagte Lotta. „Ich kann Staub wischen. Gibt’s hier ein Staubtuch?.“

„Sieh in der Kommode nach“, sagte Tante Berg.

Da zog Lotta die oberste Schublade heraus.

„Du liebe Zeit“, sagte Lotta, „hier gibt’s ja ein Puppengeschirr.“

Tante Berg schaute auch in die Kommodenschublade.

„Ach ja, richtig, das alte Puppengeschirr! Das hatte ich vergessen.“

„Was für ein Glück, daß ich es gefunden habe“, sagte Lotta.

Sie nahm das Geschirr heraus und stellte es auf den Tisch. Es war weiß und hatte blaue Blümchen. Da gab es Tassen und Teller und eine Kuchenplatte und eine Kaffeekanne und eine Zuckerschale und einen Sahnegießer. Lotta hüpfte vor Freude.

„Wenn Mia-Maria das sähe, dann würde sie wahnsinnig werden“, rief sie.

„Das kann ich mir gar nicht denken“, sagte Tante Berg.

„Sieh nach, ob nicht in einer von den anderen Schubladen ein Staublappen liegt.“

Lotta zog die nächste Schublade heraus, aber da lag auch kein Staubtuch. Da lag eine große Puppe mit blauen Augen und schwarzen Haaren.

„Oh“, sagte Lotta, „oh – nein ...“

„Wahrhaftig, da liegt Viola Linnea“, sagte Tante Berg.

„Heißt sie so?“, fragte Lotta. „Die ist aber fein, die Viola Linnea. Ja, dann kann aber der Teddy nicht im Puppenbett schlafen, da muß Viola Linnea drin schlafen ... Ich darf sie doch haben?“

„Ja, wenn du vorsichtig mit ihr umgehst“, sagte Tante Berg. „Und selbstverständlich schläft sie in ihrem eigenen Puppenbett. Der Teddy muß Platz machen.“

Lotta nickte.

„Ja, er schläft sowieso am liebsten bei mir.“

„Sieh auch in die unterste Schublade“, sagte Tante Berg. „Da liegen sicher eine Menge Puppenkleider. Ich weiß noch, daß ich ewig und immer für diese Puppe Kleider genäht habe.“

Lotta zog schnell die unterste Schublade auf und dort lagen ganze Stapel von Kleidern und Jäckchen, Mänteln und Mützen, Unterzeug und Nachthemden für Viola Linnea.

„Wenn Mia-Maria das hier sähe, würde sie wahnsinnig werden“, sagte Lotta wieder.

Sie zerrte alle Kleider heraus, setzte sich mitten auf den Fußboden und begann Viola Linnea anzuziehen.Tante Berg hatte gerade ein zerrissenes Handtuch gefunden, das Lotta als Staubtuch nehmen sollte. Aber Lotta meinte: „Staub wischen kann ich nachher. Jetzt muß ich überlegen, welches Kleid ihr bestes sein soll.“

„Das fiel Lotta schwer, denn es gab so viele verschiedene Kleider, rote und blaue und weiße und gelbe und karierte und gestreifte und gepunktete und geblümte.

„Das weiße Bordürenkleid ist am feinsten“, sagte Lotta schließlich, „das darf sie nur sonntags anziehen.“

„Du hast recht“, sagte Tante Berg. „Das soll sie nicht alltags tragen.“

Dann klopfte Tante Berg Lotta auf die Wange und sagte:„Nun ist hier wohl alles so weit fertig. Ich glaube, jetzt gehe ich zu mir nach Hause.“Lotta nickte.

„Das tu nur. Wenn du die Nymans siehst, dann grüße sie von mir, und ich wohne jetzt in meinem eigenen Haus und komme nie wieder heim.“

„Das werde ich tun“, sagte Tante Berg und ging.

Als sie aber einige Stufen der Treppe hinuntergegangen war, rief Lotta hinter ihr her: „Hör mal, Tante Berg, ich muß ja auch was zu essen haben!.“

„Ja, gewiss“, sagte Tante Berg.

„Kann ich bei dir was bekommen?“, fragte Lotta.

„Ja, aber du mußt es dir selber holen“, antwortete Tante Berg. „Ich bin nicht mehr kräftig genug, die Treppen rauf- und runterzulaufen.“

„Da fiel Lottas Blick auf einen Korb, der an einem Haken von der Decke hing, und sie rief: „Weißt du was, Tante Berg, mir ist was Tolles eingefallen.“

„Lotta war eingefallen, daß man an den Korb eine lange Leine binden und ihn damit durch das Fenster hinablassen konnte. Dann konnte Tante Berg das Essen hineintun.

„Und dann zieh ich ihn einfach herauf und peng habe ich das Essen“, sagte Lotta.

„Du bist aber ganz schön schlau“, sagte Tante Berg.

Und freundlich, wie sie war, ging sie in ihr Haus und holte für Lotta etwas zu essen. Als sie zurückkam, hatte Lotta den Korb schon hinuntergelassen und saß da und wartete.

„Peng, da hast du das Essen!“, rief Tante Berg.

„Sag mir nicht, was es ist!“, rief Lotta zurück. „Ich möchte selber nachsehen.“

Sie zog den Korb herauf und darin waren ein Zitronensprudel und zwei Strohhalme, ein kalter Pfannkuchen in Papier und ein Schälchen mit Marmelade.

„Besser als bei Nymans“, sagte Lotta. „Auf Wiedersehen, Tante Berg. Und vielen Dank!“

Dann ging Tante Berg.

Lotta legte den Pfannkuchen auf den Tisch und tat tüchtig Marmelade darauf. Dann wickelte sie ihn zu einer Rolle zusammen, hielt die mit beiden Händen fest und biß große Stücke davon ab. Zwischen den Happen trank sie mit einem Strohhalm von ihrem Sprudel.

„Äußerst bequem“, sagte Lotta. „Und nichts abzuwaschen. Und dabei sagen die Leute, es wäre so schwer mit einer Haushaltung.“

Lotta fand es kein bißchen schwer, einen Haushalt zu haben, ihr machte es nur Spaß.

Als sie gegessen hatte, wischte sie sich Mund und Hände am Staubtuch ab.Danach wischte sie Staub auf ihren Möbeln, auf dem Tisch, der Kommode, den Stühlen, dem Bett, dem Puppenbett, dem Spiegel und dem Bild von Rotkäppchen und dem Wolf. Zum Schluß machte sie für Viola Linnea das Puppenbett zurecht und das Kinderbett für sich und den Teddy.Sie war richtig fröhlich und sang die ganze Zeit ein Liedchen, das sie konnte:
 „Komm ich in mein Häuschen klein,
  bin ich nachts so ganz allein,
  sitz im Schein des kleinen Lichts,
  hab ne Katze und sonst nichts.

Aber eine Katze habe ich ja eigentlich nicht“, sagte Lotta.

Lotta bekommt Besuch

Lotta spielte lange, lange mit Viola Linnea und dem Teddy und dem Puppengeschirr und wischte fünfmal auf ihren Möbeln Staub. Aber dann setzte sie sich auf einen Stuhl und überlegte.

„Du liebe Zeit“, sagte sie zum Teddy, „was tut man bloß den ganzen Tag über in einer Haushaltung?“

Kaum hatte sie das gesagt, da hörte sie, wie jemand die Treppe heraufkam, und das waren Jonas und Mia-Maria.

„Ich bin umgezogen“, sagte Lotta.

„Das wissen wir schon“, sagte Jonas. „Tante Berg hat es uns erzählt.“

„Und ich bleibe mein ganzes Leben lang hier wohnen“, sagte Lotta.

„Denkst du“, sagte Jonas.

Mia-Maria aber stürzte sich sofort auf das Puppengeschirr.

„Oh, ist das toll!“, rief sie und hob die Tassen, diePlatte und die Kaffeekanne hoch. „Oh, ist das toll!“

Dann entdeckte sie Viola Linnea und alle ihre Kleider.

„Oh, ist das toll“, sagte Mia-Maria und wühlte die Kleider durch, um zu sehen, wie viele es waren.

„Laß das“, sagte Lotta. „Das ist mein Haus und das sind meine Sachen.“

„Ach, ich darf wohl auch hier sein und damit spielen“, sagte Mia-Maria.

„Ja, aber nur ein bißchen“, antwortete Lotta. Dann fragte sie: „Weint Mama?.“

„Nein, sie weint doch nicht“, sagte Jonas.

„Das tue ich aber doch“, hörte Lotta jemanden unten an der Treppe sagen, und da stand Mama. „Natürlich weine ich meiner kleinen Lotta nach.“

Lotta nickte zufrieden.

„Das hilft nichts. Jetzt bin ich umgezogen und habe eine Haushaltung.“

„Das sehe ich“, sagte Mama. „Und wie gemütlich du es hast!.“

„Ja, viel besser als zu Hause“, sagte Lotta.

„Ich habe eine kleine Blume für dich mitgebracht. Das muß man ja tun, wenn Leute umziehen“, sagte Mama und schenkte Lotta eine rote Pelargonie in einem Topf.

„Das ist ein guter Einfall“, sagte Lotta. „Die kann ich ins Fenster stellen. Danke schön!“

Lotta wischte von Neuem auf all ihren Möbel Staub, damit Mama und Mia-Maria und Jonas es sahen, und sie fanden Lotta auch sehr tüchtig in der Haushaltung.

Aber als Lotta mit dem Staubwischen fertig war, sagte Mama: „Willst du nicht mit Jonas und Mia-Maria nach Hause kommen und essen?.“

„Nein, ich bekomme Essen von Tante Berg“, sagte Lotta und zeigte, wie schlau sie es mit dem Korb eingerichtet hatte.

„Du bist jedenfalls gar nicht dumm“, sagte Jonas. Dann setzte er sich auf den Fußboden und las alte Zeitschriften, die er in einer Ecke gefunden hatte.Aber Mama sagte: „Also, auf Wiedersehen, liebe Lotta. Wenn du den Wunsch haben solltest, wieder nach Hause umzuziehen, gegen Weihnachten oder so um diese Zeit, dann weißt du, daß wir uns allesamt freuen.“

„Wie lange ist es bis Weihnachten?“, fragte Lotta.

„Sieben Monate“, sagte Mama.

„Ha, ich bleibe doch länger hier wohnen als sieben Monate!“, rief Lotta.

„Denkst du“, sagte Jonas.Dann ging Mama. Lotta und Mia-Maria spielten mit Viola Linnea und Jonas saß auf dem Fußboden und las seine Zeitschriften.

„Ist es nicht schön hier, Mia-Maria?“, fragte Lotta.

„Doch, eine bessere Spielstube gibt es nicht“, antwortete Mia-Maria.

„Das ist keine Spielstube“, sagte Lotta. „Das ist mein Haus.“

Da kam wieder jemand die Treppe herauf und das war Papa.

„Oh weh, oh weh, oh weh, welch ein Unglück!“, jammerte Papa. „Die Leute in der Stadt erzählen, du wärest von zu Hause weggezogen, Lotta. Ist das wahr?“

Lotta nickte.

„Ja-a-a, bin ich.“

„Dann weiß ich aber einen, der heute Abend weint, und das ist dein armer Papa. Denk nur, wenn ich ins Kinderzimmer komme und meinen Kindern Gute Nacht sagen will, dann ist ein Bett leer. Lotta ist weg.“

„Das hilft nichts“, sagte Lotta. Wenn Papa ihr auch leid tat, wirklich ...

„Nein, das hilft wohl nichts“, sagte Papa. „Aber Jonas und Mia-Maria kommen jedenfalls jetzt mit nach Hause und essen Frikadellen und Aprikosenkompott.“

Dann gingen Papa und Jonas und Mia-Maria.

„Also leb wohl, kleine Lotta“, sagte Papa, als er ging.

„Leb wohl“, sagte Lotta.

„Tschüs!“, riefen Jonas und Mia-Maria.

„Tschüß!“, sagte Lotta.

„Bin ich nachts so ganz allein ... Dann war Lotta allein. Tante Berg brachte ihr das Abendessen. Lotta zog den Korb herauf und darin lagen wieder ein Zitronensprudel und zwei Strohhalme und ein kaltes Schweinskotelett.

„Ebenso gut wie bei Nymans“, sagte Lotta zum Teddy.Als sie gegessen hatte, wischte sie noch einmal auf ihren Möbeln Staub. Dann stand sie am Fenster und schaute zu Nymans hinüber.Jonas und Mia-Maria waren im Garten und spielten mit Papa Krocket. Alle Apfelbäume blühten. Sie sahen aus wie große Blumensträuße, fand Lotta. Das war wunderschön.

„Krocket spielen macht Spaß“, sagte Lotta zum Teddy. „Aber eine eigene Haushaltung haben, das macht noch mehr Spaß.“

Bald begann es zu dämmern. Da gingen Papa und Jonas und Mia-Maria in ihr gelbes Haus. Lotta seufzte. Jetzt hatte sie niemanden mehr, dem sie zuschauen konnte.Sie hatte lange am Fenster gestanden und hinausgesehen. Unterdessen war mit Tante Bergs Rumpelkammer etwas vor sich gegangen, was Lotta nicht erwartet hatte. Hier war es ziemlich dunkel geworden, das sah sie jetzt, als sie sich umdrehte. Die Dunkelheit war in den Ecken. Da lag sie und war ganz schwarz. Sie schob sich näher an Lottas Stube heran, sodaß nur vorn am Fenster ein kleiner heller Fleck übrig blieb.

„Es ist besser, wir gehen schlafen, denn wir können bald nichts mehr sehen“, sagte Lotta zum Teddy.Sie beeilte sich, Viola Linnea ins Puppenbett zu legen und den Teddy ins Kinderbett. Dann kroch sie selbst zum Teddy hinein und zog sich die Decke bis über die Nase.

„Ich habe nicht etwa Angst, wenn es dunkel ist“, sagte sie, „aber ich finde es traurig.“

Sie seufzte ein paarmal, dann richtete sie sich auf und sah in die Dunkelheit hinaus.

„Huh“, sagte Lotta und kroch wieder unter die Decke. Sie drückte ihren Teddy an sich.

„Jetzt liegen Jonas und Mia-Maria sicher auch im Bett“, sagte sie. „Und dann kommen Mama und Papa und sagen Gute Nacht. Aber zu mir nicht ...“

Lotta seufzte. Und dieser Seufzer war das einzige, was in der Rumpelkammer zu hören war. Sonst war es ganz, ganz still.Es dürfte nicht so still sein, dachte Lotta, und darum fing sie an zu singen:„Komm ich in mein Häuschen klein,bin ich nachts so ganz allein ...“Aber dann schwieg sie und seufzte.Noch einmal versuchte sie es:„Komm ich in mein Häuschen klein,bin ich nachts so ganz allein ...“Dann konnte die arme Lotta nicht mehr singen, sie weinte nur. Aber von unten kam Papa die Treppe herauf und er sang:„... sitz im Schein des kleinen Lichts,hab eine Katze und sonst nichts.“Lotta weinte noch mehr.

„Papa“, schluchzte sie, „ich will wenigstens eine Katze haben.“

Da nahm Papa Lotta in seine Arme, hob sie aus dem Bett und hielt sie fest.

„Weißt du was, Lotta“, sagte Papa, „Mama sitzt zu Hause und ist so traurig. Kannst du nicht wenigstens Weihnachten wieder nach Hause ziehen?“

„Ich will jetzt nach Hause zurückziehen“, schluchzte Lotta.

Und da nahm Papa Lotta und den Teddy und trug sie zu Mama in das gelbe Haus hinüber.

„Lotta ist wieder nach Hause zurückgezogen!“, rief Papa, schon als sie auf den Vorplatz kamen.Mama saß im Wohnzimmer vor dem Kaminfeuer. Sie streckte die Arme nach Lotta aus und sagte: „Ist das wahr? Bist du wirklich wieder nach Hause gezogen, Lotta?“

Lotta warf sich in Mamas Arme und weinte, daß die Tränen strömten.

„Ja, ich will mein ganzes Leben lang bei dir wohnen“, schluchzte Lotta.

„Das ist aber wirklich schön“, sagte Mama.Dann saß Lotta lange auf Mamas Schoß und weinte nur und sprach kein Wort.

Aber schließlich sagte sie: „Mama, ich hab jetzt einen anderen weißen Pullover. Den hab ich von Tante Berg bekommen. Ist das nicht gut?“

Darauf gab Mama keine Antwort. Sie saß stumm da und sah Lotta an. Da schlug Lotta die Augen nieder und murmelte: „Den anderen hab ich kaputt geschnitten und ich möchte gern ‚Entschuldige bitte‘, sagen, aber ich kann nicht.“

„Aber wenn ich nun auch ‚Entschuldige bitte‘ sage?“, sagte Mama. „Wenn ich sage ‚Entschuldige bitte, liebe Lotta, daß ich manchmal zu dir nicht nett gewesen bin ...?‘.“

„Ja, dann kann ich ‚Entschuldige bitte‘ sagen.“

Lotta schlang die Arme um Mamas Hals und drückte sie so fest, wie sie konnte, und sagte: „Entschuldige, entschuldige, entschuldige bitte!“

Dann trug Mama Lotta ins Kinderzimmer hinauf und legte sie in ihr eigenes schönes Bett, in dem ein Laken war und eine rosa Decke, aus der Lotta immer Wollbüschel herauszupfte, wenn sie schlafen sollte.Papa kam auch, und Mama und Papa gaben beide Lotta einen Kuß und sagten: „Gute Nacht, geliebte kleine Lotta.“Dann gingen sie.

„Sie sind doch ein paar Lieblinger“, sagte Lotta.Jonas und Mia-Maria waren gerade beim Einschlafen, da sagte Jonas: „Ich wußte ja, daß du nicht die Nacht über in der Rumpelkammer bleiben würdest.“

„Da sagte Lotta: „Aber tagsüber will ich da sein und spielen. Daß du’s weißt! Und wenn ihr meinen Teddy verhaut, du und Mia-Maria, dann verprügle ich euch alle beide! Daß ihr’s wißt!.“

„Dein alter Teddy ist uns doch ganz schnuppe“, sagte Jonas. Und dann schlief er ein.

Aber Lotta lag noch eine Weile wach und sang ihr Lied vor sich hin:
  „Komm ich in mein Häuschen klein,
  bin ich nachts so ganz allein,
  sitz im Schein des kleinen Lichts,
  hab eine Katze und sonst nichts.

Damit bin ich aber nicht gemeint, sondern eine andere Lotta“, sagte sie.